Bericht Westfalenpost: Christian Pilz bläst zum Aufbruch

Bericht Westfalenpost: Christian Pilz bläst zum Aufbruch

Eine Schlammschlacht, die große Abrechnung blieb aus. Nach einer Woche, die den SV Rothemühle massiv erschütterte, verlief die mit Spannung erwartete und 200 Minuten lange Jahreshauptversammlung des Klubs in geordneten Bahnen.

Was im Schatten der Rücktritte von Andreas Grub und Andreas Nowak drei Tage zuvor nicht unbedingt zu erwarten war. Immerhin handelte es sich um den Vorsitzenden und den Trainer. Vielleicht hatte die Mehrzahl der 74 anwesenden Mitglieder am Freitag einfach nur Sehnsucht nach Normalität.

Die beiden Haupt-Moderatoren des Abends jedenfalls bedienten diese Sehnsucht. Johannes Solbach, der die Satzung vorstellte und sich durch Zwischenbemerkungen nicht aus der Spur bringen ließ, und Peter Lips, der aufkommende Wogen souverän glättete.

„Nach vorne gucken“

Christian Pilz, neu gewählter Vorstandssprecher, besorgte den Rest. Er setzte auf die emotionale Karte, beschwor den Zusammenhalt und das Mitwirken aller, damit es dem Verein wieder besser gehen möge. „Es ist die letzten Jahre vieles schief gelaufen“, sagte er und übertrieb damit sicher nicht, „aber lasst uns damit abschließen. Ich denke, wir müssen nach vorn gucken. Lasst uns alle gemeinsam anpacken.“

Die Kehrseite der beschwichtigenden Versammlungsführung: In der öffentlichen Diskussion blieben Fragen offen. Zum Beispiel die, wie es nun wirklich mit Trainer Andreas Nowak gelaufen war. Dessen Verlängerung war praktisch in trockenen Tüchern, und ihn hatte sich die Mannschaft noch am Freitag vor dem Langenei-Spiel als Coach für die kommende Saison gewünscht, um ihm am Montag drauf das Vertrauen zu entziehen. Wie dieser radikale Stimmungsumschwung zustande kam, erfuhren die Mitglieder nicht.

Sie wären womöglich schlauer geworden, hätte man das Rücktrittsschreiben des nicht anwesenden Ex-Vorsitzenden Grub verlesen. Darin heißt es unter anderem: „Dass Teile im Umfeld an dieser Entwicklung beteiligt waren, dürfte spätestens jetzt bekannt sein. Allein die Tatsache, dass Spieler angerufen werden, um sie dazu zu beeinflussen, gegen einen Trainer zu sein, ist schon ungeheuerlich. Ob dies Einfluss hatte oder nicht, wage ich aber nicht zu behaupten.“

Der Blick zurück beschränkte sich auf die obligatorischen Routine-Berichte. Lieber wurde da die Zukunft beschworen, die neue Zeit mit neuer Satzung und neuer Struktur. Es war ein Mammutwerk, das da ein Gremium in Anlehung an die DFB-Mustersatzung ausgearbeitet hatte. 37 Minuten dauerte die Verlesung. „Wir wollen die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen und nicht nur auf drei,“ erklärte Peter Lips, der Andreas Grub nochmals ausdrücklich für dessen 20 Jahre Vorstandstätigkeit würdigte, „damit werden wir handlungsfähiger und schneller.“

Doch fast wäre der Zug kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof noch entgleist. Nämlich, als ein sachkundiges Mitglied, das sich wiederum bei einer sachkundigen Person schlau gemacht hatte, darauf hinwies, dass die Satzung erst Gültigkeit habe, wenn sie vom Amtgericht abgesegnet worden sei. Da das Paragrafenwerk aber bis dahin „nur“ durch einen Notar und das Finanzamt geprüft worden sei, könne sie noch nicht wirksam sein. Würde heißen: Keine gültige Satzung, keine Neuwahlen.

Unter Vorbehalt

Schließlich entschloss man sich, die Wahlen vorzunehmen unter dem Vorbehalt, dass das Amtsgericht die Satzung akzeptiert. Denn ergebnislos wollte man nicht nach Hause gehen. „Wenn die Satzung nicht gültig sein sollte,“ schlug Michael Solbach vor, „dann muss in einer außerordentlichen Versammlung der Vorstand nochmals bestätigt werden.“

So schritt man zur Wahl mit dem Ergebnis, dass es statt eines klassischen Vorstandes Ressortleiter gibt. Das sind: Christian Pilz (Vorstandssprecher), Jochen Schnitzler (Geschäftsführung), Birgit Korn (Finanzen) und Sven Schröder (Sport). Dazu kommen die vier Stellvertreter Wolfgang Rameil (Geschäftsführung), Michael Solbach (Finanzen), Dominik Quast (Sport) plus vier Beisitzer. Martin Schollemann obliegt das Ressort Klubhaus, Platzpflege, Logistik.

Auffallend: Die Galionsfigur des Vereins schlechthin, Friedhelm Dornseifer, dreieinhalb Jahrzehnte Vorsitzender und seit 2013 Ehrenvorsitzender, war nicht da.

Dafür aber Ecki Wirth, der Jahrhundert-Obmann. Der wurde, wie auch Friedel Gipperich und Heinz Brüser, zum Ehrenmitglied ernannt. „Der Verein liegt mir am Herzen,“ sagte er, konnte die Tränen nicht unterdrücken und riss die Mitglieder zu stehenden Ovationen hin. Wirth war offenbar so ergriffen, dass er die Präsente und Ehrungs-Symbole auf dem Vorstandstisch liegen ließ, als er zu seinem Platz zurückkehrte. Worauf ihm Christian Pilz in seiner saloppen Art hinterher rief: „Hey Ecki, nimm dein Zeug mit.“

Quelle: WP.de